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Von Grünschnitt und Taufe
Von Grünschnitt und Taufe
03.02.2022 | Rubrik: Familie | 3 Minuten Lesezeit | Autor: Tobias Bendig

Es war Mittwoch. Ich wollte Nachmittags zurück ins Büro, als ich sah, wie mein Nachbar seinen Grünschnitt vorbereitete für die Grünschnittabgabe. Grünschnitt hatte ich auch, aber Zeit nicht. Mit etwas Hektik im Gepäck würde ich es aber in einer halben Stunde schaffen, entschied ich und macht kehrt, um meine Grünschnittpflicht zu erfüllen. Es sah alles gut aus, aber dann kam mein Sohn.

Mein Sohn ist 3.5 Jahre alt und liebt es mir zu helfen. So auch jetzt. Ich wusste aber, wenn ich ihn jetzt miteinbeziehe, brauche ich viel länger und schaffe es nicht zeitig zurück ins Büro. Ich hielt kurz inne, warf meine Bedenken über Bord und liess ihn mithelfen. Auf der Fahrt zur Kompostieranlage habe ich versucht, ihm meine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Neben seinen vier Geschwistern habe ich nicht so oft Zeit nur für ihn allein. Und so ergab sich ein nettes Gespräch zwischen Vater & Sohn.

Auf der Kompostieranlage dachte ich, ich entleere die Säcke mit Gras, Blättern und Ästen allein und lasse meinen Sohn im Auto, geht ja schneller so. Aber er wollte schon wieder mithelfen. Also schnallte ich ihn ab, liess ihn aussteigen, zwei Eimer selbst aus dem Kofferraum hieven und auf dem grossen Haufen ausleeren. Er hatte wieder eine Riesenfreude, mir helfen zu dürfen und strahlte über das ganze Gesicht. Nach dem Bezahlen hatte er eine Frage zur Autowaage. Ich versuchte ihm zu erklären, was eben geschehen ist und was es mit der Waage auf dem Boden zu tun hat. Er schien mit der Antwort zufrieden zu sein. Fröhlich machten wir uns auf den Heimweg.

Unterwegs kamen wir am Rhein vorbei und ich wies ihn kurz darauf hin, dass wir im letzten Sommer doch ganz in der Nähe die Taufe hatten. Er erinnerte sich und zählt auf, was wir dort so erlebt haben: Singen, beten, von Jesus erzählen, ich sei im Wasser gewesen, zwei andere Personen auch, die seien untergetaucht, ich hätte aber nicht gebadet … Ich nutzte die Gelegenheit und erklärte ihm, so einfach wie möglich für einen 3½-Jährigen, was Taufe bedeutet. Und dann waren wir auch schon wieder zu Hause. Er war glücklich und ich auch. Wir hatten eine wertvolle ¾ Stunde zusammen.

Ich bin dankbar für den Geistesblitz, nicht auf die Effizienz zu achten, sondern meinen Sohn mit in meinen Alltag zu integrieren. Ich war nicht so schnell, wie wenn ich es allein gemacht hätte. Aber so durfte unser Jüngster ganz praktisch sehen, wie man Laub und Äste im Garten zusammenrächt, ins Auto verlädt und auf der Kompostieranlage abgibt. Er hat es miterlebt, hat die Stimmung gespürt, durfte etwas über Autowaagen lernen, konnte mir bei meiner Arbeit helfen und hatte ein Erfolgserlebnis. Wir stärkten unsere Beziehung, hatten eine Art „Quality Time“ nur zu zweit. Zudem durfte ich über was ganz Alltägliches ein Gespräch über geistliche Wahrheiten führen, dass Jesus uns liebt und wir zu ihm „Ja“ sagen dürfen.

Für mich ist das im Nachhinein ein Bild für Jüngerschaft (in der Familie). Jüngerschaft bedeutet, dass wir die Menschen in unserer (erweiterten) Familie nahe an uns heranlassen und sie in unseren Alltag mit hineinnehmen, sodass sie uns erleben können, wie wir uns außerhalb von Gottesdienst und Kleingruppe noch verhalten.

Jesus hat das auch so praktiziert. Er hat seine Jünger nah an sich herangelassen, den Alltag mit ihnen erlebt und sein Leben zugänglich gemacht für Andere. In Johannes 1,35ff fragten ihn Andreas und Johannes: „Rabbi, wo wohnst du?“ Anstatt ihnen lediglich eine Auskunft zu geben, nimmt er sie mit („Kommt und seht!“) und verbringt den ganzen Tag mit ihnen. Das war Jesu Lebensstil. Nachfolge bedeutete für ihn nicht, einfach nur Vorträge zu halten und seine Schüler theoretisch auszubilden. Aus den täglichen Dingen des Lebens heraus, beim Essen am Tisch, unterwegs bei Wanderungen, mitten auf dem See, auf einer Hochzeit oder an einem Brunnen, ergaben sich wichtige Gespräche und Lektionen über das Reich Gottes, Vertrauen, Nächstenliebe oder den Willen des Vaters. Jesus predigte die frohe Botschaft, heilte Kranke, reinigte Aussätzige und trieb Dämonen aus. Seine Schüler waren bei all diesen Einsätzen dabei, sahen zu, halfen mit und wuchsen so in ihren Kompetenzen. In Lukas 9,1-6 lesen wir, wie Jesus sie zu zweit aussandte, sie selbst Erfahrungen sammeln durfte und das Erlebte in einem Coaching besprachen (Lk 9,10).

Mich motivieren die Berichte über Jesu Umgang mit seinen Jüngern. Sie ermutigen mich, Alltagssituationen wie die Entsorgung von Abfall nicht nur als mühsame Pflicht, sondern als Chance zu sehen, mit meinen Kindern geistliche Erfahrungen zu machen und unsere Beziehung zu stärken.

Dieses Prinzip lässt sich auch auf andere Menschen in deinem Umfeld übertragen. Anstatt nur zweckgebunden über den Dienst in der Gemeinde (Musik, Jungschi, …) mit Jesusnachfolgern unterwegs zu sein. Mach das was du sowieso tust und lade sie dazu ein. Mach dein Leben zugänglich für andere, nutze dein Hobby, die Tischgemeinschaft beim Essen oder notwendige Erledigungen, um andere in deinen Alltag miteinzubeziehen. So lernen sie dich von einer neuen Seite kennen und können an dir sehen, wie du deinen Glauben ausserhalb von Programm und Gemeindeanlässen lebst, worüber du dich freust, wie du mit Konflikten umgehst, was dich ärgert oder wie du mit den Menschen zu Hause umgehst.

Überlege dir doch mal, was du im Lauf einer Woche tust, wozu du jemanden einladen kannst. Frage Gott, wer könnte das sein? Oft kommen wir in solchen Begegnungen in tiefere Gespräche als bei der Vorbereitung für den nächsten Gottesdienst oder Jungschi Nachmittag.

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Tobias Bendig

Bereich Kirche+Familie

Tobias ist verheiratet und lebt mit seiner Frau und 5 Kindern in Muttenz. Er ist Pastor in der Chrischona Muttenz und Teil vom Team Young Generation. Seine Leidenschaft ist, Jüngerschaft in Kirche & Familie zu leben und zu ermöglichen.
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