Warten – da kann ich mich aufregen – denn mit Sicherheit habe ich jetzt schon im Kopf, welcher Termin als nächstes und übernächstes ansteht. Warten – das kann ich gar nicht gut, nicht wenige Minuten vor einem Termin. Nicht wochenlang warten, bis mein Erdbeerstrauch auf dem Balkon Früchte trägt. Nicht monatelang warten, bis der Frühling endlich da ist. Nicht jahrelang warten, bis sich Lebenssituationen verändern. Ich kann nicht warten – ich will nicht warten.
Advent. Warten. Warten auf die Ankunft des Retters. «Ich will nicht warten» hab ich eben noch gedacht – was heisst das jetzt? In einer Welt, in der ich alles sofort haben kann, was ich will, soll ich jetzt warten wollen? Und das mit der Ungeduld ist ja so eine Sache – ungeduldig sein bedeutet nicht nur, nicht warten zu können, sondern auch, in ständiger Unruhe zu sein. Und Unruhe will ich eigentlich auch nicht (noch mehr). Darum ein paar Gedanken zum Warten.
Grosse Dinge kommen nicht sofort
Auf die größten, tiefsten, zartesten Dinge der Welt, müssen wir warten, da geht nichts im Sturm, sondern nach den göttlichen Gesetzten des Keimens, und Wachsens und Werdens. (Dietrich Bonhoeffer)
Nicht umsonst heissts «Gut Ding will Weile haben». Die grossen und wichtigen Dinge. Die Dinge, die wichtig, prägend und tief sind, müssen erwartet werden. Das beste Beispiel dafür ist wohl die Geburt eines Kindes – neun lange Monate warten Mama und Papa auf dieses grosse Wunder. Aber auch geistliche Durchbrüche brauchen Zeit, Zeit im Gebet, in welchem unser Herz und unser Geist vorbereitet wird. Vielleicht könnte man sogar behaupten: Je länger die Zeit des Wartens, umso grösser der Durchbruch. Wobei das Warten natürlich einiges einfacher wird, wenn wir wissen, worauf wir warten.
Wissen, worauf wir warten
Ein Schlüssel des Wartens ist es, zu wissen, worauf wir warten. Es gibt Situationen, da hoffen und warten wir auf Besserung, ohne genau zu wissen, worauf wir warten. Wir hoffen, dass sich Beziehungen verändern, dass Krankheiten milde verlaufen, das Spannungen gelöst werden können. Warten ist dann verbunden mit negativen Gefühlen, mit Angst, Sorge, Ungewissheit. Wenn wir aber wissen, worauf wir warten, kann es im besten Falle zu einer grossen Vorfreude kommen. Das Warten auf Geschenke an Weihnachten, warten am Flughafen, auf ein langersehntes Wiedersehen, das Warten auf die Hochzeit und das gemeinsame Leben mit dem Ehepartner. Warten ist dann verbunden mit einer positiven Vorfreude. Wenn ich weiss, was mich erwartet, wird die Wartezeit zur Vorbereitungszeit auf das Highlight. Es ist dann eine Vorfreude, wenn ich nicht nur weiss, was mich erwartet, sondern auch weiss, dass die Wartezeit beschränkt ist.
Warten im hier und jetzt – warten auf den Durchbruch
Advent erfüllt beides: Wir warten das Gott Hier und Heute auf der Erde sichtbar wird. Und wir warten, dass er in Zukunft die Welt erlöst. Der Advent erinnert uns daran: «Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: wunderbarer Ratgeber, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Fürst des Friedens.» (Jes. 9.5) Darauf warten wir gemeinsam, dass Gott sichtbar wird auf dieser Welt. Dass sein Licht in die Dunkelheit kommt und wir Teil sein dürfen von seiner Geschichte. Aber es ist nicht nur ein Warten im Hier und Jetzt, denn auf den wohl grössten Durchbruch warten wir gemeinsam:
Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron sass, sprach: Siehe, ich mache alles neu! (Off. 21.4-5)
Warten auf Erneuerung. Darauf, dass Jesus wiederkommt. Vielleicht nicht so, wie es damals bei Maria und Josef war. Und doch, wir warten gemeinsam, dass diese Verheissung in Kraft tritt. Dass er wiederkommt und auf dieser Welt alles neu macht.
Auch wenn ich warten fast nicht aushalte – dieses Warten gibt mir Hoffnung und Zuversicht. Und nicht nur das: «Ich lasse euch ein Geschenk zurück – meinen Frieden. Und der Friede, den ich schenke, ist nicht wie der Friede, den die Welt gibt. Deshalb sorgt euch nicht und habt keine Angst.» (Joh 14.27) In der Zeit des Wartens ist dieser Friede mein Trost und meine Zuversicht. Weil ich weiss, worauf ich warte und dass die Wartezeit ein Ende haben wird, gibt mir das Hoffnung und Mut, zu lernen, gerne zu warten. Und die Hoffnung auf die Ewigkeit, wenn das grosse Warten ein Ende hat, lässt mich geduldig sein. Dass der grosse Durchbruch kommt.
Wo findest du in diesen Adventstagen Zeit, bewusst zu warten? Ich gehe beispielsweise gerne Spazieren und warte darauf, ob und was Gott mir sagt in dieser Zeit. Manchmal spricht er, manchmal höre ich nichts. Ich möchte dir Mut machen, nimm dir bewusst Zeit, zu warten.
Lisa Curiger
Bereich Jugend